Ein Kunstwerk entsteht

Wie in vielen Städten gibt es auch in Valencia überall Wandbilder zu sehen. Mauern rund um unbebaute Grundstücke oder entlang von Strassen und Eisenbahnlinien laden die Sprayer richtiggehend ein, ihre Graffiti dort anzubringen.

Viele davon werden illegal und im Verborgenen geschaffen. Es gibt aber auch legale Kunstwerke, Auftragsarbeiten, mit welchen teilweise ganze Fassaden bemalt werden.

Beliebt ist hier auch, sich die Rollladen vor dem Geschäft durch einen Streetart-Künstler verschönern zu lassen. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt! Damit wird die Stadt nebenbei zu einer riesigen Galerie für urbane Kunst. 

Auf der Plaza de la Reina konnten Ende Februar 2023 zwei Künstler bei der Arbeit beobachtet werden, während sie die Rollläden der Gelateria Linares besprayten. Einer von ihnen ist der bekannte Künstler Jandro DRK, der unter anderem das riesige Wandbild beim Areal des Roten Kreuzes an der Calle de Líria geschaffen hat.

Jandro freut sich über das Interesse an seinen Werken und gibt sehr offen Auskunft auf meine vielen Fragen: 

M: Wie bist du Graffiti-Künstler geworden?

DRK: Ich habe bereits als Kind sehr gern gezeichnet. Um Graffitikünstler zu werden, ist es wichtig, immer wieder zu zeichnen und viel zu malen. Mit der Übung eignet man sich im Laufe der Jahre Stil und Technik an. Ich habe zwar Kunst studiert, aber man muss es sich selber beibringen, sowohl Graffiti als auch das Handwerk des Malens.

M: Wie entsteht ein Projekt, wie zum Beispiel das der Gelateria Linares?

DRK: Normalerweise bekomme ich die Aufträge durch Bekannte, durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Dann sagt mir der Kunde, was ihm vorschwebt, und ich mache meist mehrere digitale Skizzen, aus denen er auswählen kann. Hier hatte ich zum Beispiel geplant, die gesamte Wand einzubeziehen. Der Eigentümer zog es jedoch vor, das Gemälde auf die Rollläden zu beschränken.

In diesem Fall skizziere ich mit meinem Vorschlag in der Hand das Bild an der Wand, einfach nach Augenmaß. Dann wird es Stück für Stück ausgearbeitet. 

M: Mich fasziniert, wie diese zum Teil riesigen Bilder auf den Betrachter wirken. Wie gelingt dir der Ausdruck eines Gesichts auf einer riesigen Mauer? Worauf musst du besonders achten?

DRK: Es braucht eine Menge Übung, bis es intuitiv und fast automatisch wird.

M: Wie lange dauert ein Projekt? 

DRK: Die meisten Wandbilder müssen sehr rasch erstellt werden. Ein Ladenbesitzer möchte ja möglichst schnell sein Geschäft wieder öffnen können. Für ein Projekt dieser Größe benötige ich etwa eineinhalb bis zwei Tage. Hier habe ich einen zusätzlichen Tag eingeplant, weil an diesem Platz viele potenzielle Kunden vorbeikommen und das muss man berücksichtigen.

M: Wie reagiert das Publikum?

DRK: Die meisten Leute reagieren sehr positiv. Die Bilder gefallen ihnen. Schliesslich handelt es sich um Auftragsarbeiten und nicht um illegale Graffiti.

M: Du hast auch das riesige Wandbild für das Rote Kreuz geschaffen. Ist das dein bisher wichtigstes Werk? 

DRK: Das Wandbild des Roten Kreuzes war ein großartiges Projekt, aber es ist ein Auftragswerk. Ich denke, meine wichtigsten Bilder sind die persönlichen, die, die ich für mich selbst male. Das ist meine eigentliche Arbeit. Es macht mir auch viel Spaß, mit meinen Freunden Graffiti zu malen. 

Einige der Auftragsarbeiten sind auf unserer Website www.innovaMural.com  zu sehen, und einige meiner persönlicheren Arbeiten kann man auf Instagram unter @DRK_Valencia sehen. 

M: Was ist der Unterschied zwischen Wandmalerei und Graffiti?

DRK: Der Ursprung des Wortes Graffiti (New York Times, 1972) ist die gemalte Wiederholung eines Tags oder Pseudonyms in den Städten als Geste der heimlichen Selbstbestätigung, die sich zu aufwändigeren Werken in Form eines Wandgemäldes entwickelte; sie bedeckten die Straßen und die U-Bahnen, wo sie zur Schau gestellt wurden.

Die massive Kommerzialisierung von Spraydosen war für die Entstehung der Graffiti-Bewegung von entscheidender Bedeutung, da die Technik leicht zu transportieren und schnell zu erlernen ist und ihre Beherrschung für die praktische Anwendung notwendig ist. Heute ist es eine gut definierte und weit verbreitete kulturelle Bewegung in der ganzen Welt. 

Ich empfehle drei Schlüsseldokumente, um sie zu verstehen: der Dokumentarfilm STYLE WARS von Henry Chalfant, das Buch GETTING UP von Craig Castleman und das Traktat IONIC TREATISE von Rammellzee.

Das Wandbild ist, wie die Street Art, etwas viel breiter Angelegtes, das alle Techniken und Bilder der Kunst- und Grafikgeschichte umfasst und auf die Wand übertragen wird.

In diesem Fall handelt es sich um eine Wandmalerei mit der Technik der Spraydose.

M: Was möchtest du uns mit deinen Graffiti mitteilen?

DRK: Das kommt auf das Motiv an, normalerweise halte ich die Klappe und male sie, ich freue mich, wenn sie sprechen. Bei Original-Graffiti gibt es kein Konzept, das über das hinausgeht, was das Tag darstellt, sondern nur Ausdruck und Stil.

M: Kannst du von Streetart leben?

DRK: Ja, aber man muss sich darüber im Klaren sein, dass dies immer mehr eine Berufung als ein Geschäft sein muss. Und es ist ehrlich gesagt ein sehr langer Weg. Ich bin seit mehr als 15 Jahren in diesem Beruf tätig und habe noch viel zu lernen.

M: Wenn ich mein Garagentor bemalen lassen möchte, was würde das ungefähr kosten?

DRK: Bei allen Aufträgen hängt das Budget von der Idee und dem vorherigen Entwurf ab, was die Materialkosten und die zu investierende Zeit bestimmt. Laut meinen Kunden sind meine Preise sehr erschwinglich in Bezug auf die Qualität des Ergebnisses. Ich kann jederzeit über Instagram und die Website konsultiert werden.

M: Was rätst du jemandem, der mit Streetart anfangen möchte?

DRK: Berufung, Information, Respekt und Vorwärts!

M: Wie siehst du dich in Zukunft?

DRK: Glücklich und malend.

Herzlichen Dank für das interessante Gespräch!